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BAföG und Unterhalt - Müssen meine Eltern noch für mein Studium zahlen?

Das kommt auf die jeweilige Lebenssituation an. Bei elternunabhängigem BAföG spielt das Einkommen der Eltern keine Rolle mehr. Das BAföG bietet aber auch bei Anrechnung des Einkommens Lösungen für den Fall, dass die Eltern keine Unterhaltszahlungen leisten können - oder wollen.

1. Elternunabhängiges BAföG (wird immer vom Amt geprüft)

Leistungen werden ohne Berücksichtigung des Einkommens der Eltern bewilligt, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Das prüft das Amt anhand der Angaben im Antrag (schulischer und beruflicher Werdegang) und der eingereichten Belege. Das Einkommen der Eltern wird dann nicht angerechnet und die Formblätter der Eltern müssen in der Zukunft nicht mehr eingereicht werden.

Es gibt nur drei Fälle in denen ein Studium elternunabhängig gefördert wird:

  • mindestens fünf Jahre Erwerbstätigkeit zwischen dem 18. Lebensjahr und dem Beginn des Studiums.
  • mindestens sechs Jahre Ausbildung und anschließende Erwerbstätigkeit, davon drei Jahre Berufsausbildung und im Anschluss drei Jahre Erwerbstätigkeit - beides vor Beginn des Studiums. Eine kürzere Ausbildung kann durch eine längere Erwerbstätigkeit ausgeglichen werden.
  • Erreichen des 30. Lebensjahrs vor Beginn des Studiums. Dann wird aber nur in Ausnahmefällen überhaupt noch Förderung bewilligt (siehe FAQ Stichwort "Altersgrenze").

Im Einzelfall sind jedoch oft Detailfragen zu klären (z. B. die genaue Dauer der Erwerbstätigkeit, ausreichend hohes Erwerbseinkommen). Deshalb liegt es meistens nicht auf der Hand, dass die Förderung tatsächlich elternunabhängig zu gewähren ist. Die Formblätter und die Belege der Eltern sind daher in aller Regel einzureichen. Wenn Sie glauben, dass die Entscheidung des Amts falsch ist, können Sie Widerspruch einlegen und so die Entscheidung noch einmal überprüfen lassen. In der Zwischenzeit sollten die Eltern sicherheitshalber die Formulare und Belege einreichen - sonst dauert die Auszahlung Ihrer Förderung womöglich länger und wir müssen ein Zwangsverfahren gegen die Eltern einleiten.

2. Prüfung des Unterhaltsanspruchs (Antrag auf "Vorausleistung")

Wenn Sie keine elternunabhängige Förderung erhalten und die Eltern den im Bescheid angerechneten Betrag nicht zahlen können oder wollen, hilft der Vorausleistungsantrag (Formblatt 08). Dann wird der Unterhaltsanspruch nach dem bürgerlichen Recht geprüft und gegebenenfalls bei den Eltern geltend gemacht. Ein Widerspruch gegen den Förderungsbescheid muss nicht erhoben werden. Die konkrete unterhaltsrechtliche Prüfung übernimmt in Bayern das Landesamt für Finanzen.

Der Antrag auf Vorausleistung kann auch gestellt werden, wenn Ihre Eltern die Mitwirkung verweigern, also die Formblätter oder Belege nicht einreichen.

Achtung: Die Eltern sind in aller Regel verpflichtet die Unterlagen einzureichen - sonst droht ein Zwangsgeld! Sie können nicht einfach davon ausgehen, dass eine elternunabhängige Förderung bewilligt wird oder dass der Unterhaltsanspruch erfüllt ist. Das gilt auch, wenn schon eine Ausbildung abgeschlossen worden ist. Das BAföG-Amt prüft ohnehin, ob eine elternunabhängige Förderung erfolgen kann. Die Einkommensunterlagen werden aber zur Beschleunigung des Verfahrens in jedem Fall angefordert, wenn nicht sofort erkennbar ist, dass dies möglich ist.

Wenn etwas zu dem Thema Vorausleistung unklar ist, bietet sich die Beratung beim BAföG-Amt an.

  • Vorteile: Die Behörden übernehmen das gesamte Unterhaltsverfahren. Die Studierenden müssen sich nicht darum kümmern und nur mitwirken. Unterhalt ist kein Darlehen und muss später nicht zurückgezahlt werden. Die Finanzierung des Studiums wird durch die Vorausleistung sichergestellt. Das Risiko für die Eltern ist auf den angerechneten Betrag begrenzt.
     
  • Nachteile: Unterhaltsleistungen anderer Personen und Kindergeld werden in Abzug gebracht (wenn es an die Studierenden weitergegeben wird). Auf Unterhaltsrückstände fallen 6 Prozent Zinsen an - falls Unterhaltszahlungen vom Staat geltend gemacht werden. Die Unterhaltsprüfung kann sich negativ auf das Verhältnis zu den Eltern auswirken, insbesondere falls eine Unterhaltsklage erhoben wird. Dies geschieht aber nur nach eingehender Prüfung und bei tatsächlich bestehendem Unterhaltsanspruch. Der Antrag gilt erst ab dem Monat, in dem er eingeht (innerhalb von zwei Monaten ab Zugangs des Bescheids gilt der Antrag noch rückwirkend). Das Unterhaltsverfahren ist auf den Betrag des angerechneten Einkommens der Eltern begrenzt.

3. Berechnung mit dem aktuellen Einkommen der Eltern
(Antrag auf "Aktualisierung")

Das Einkommen der Eltern wird normalerweise mit den Werten des vorletzten Kalenderjahres angerechnet. Ist das Einkommen der Eltern inzwischen niedriger (z. B. bei Rentenbeginn), bietet sich ein Aktualisierungsantrag an (Formblatt 07). Es wird dann das aktuelle Einkommen als Berechnungsgrundlage verwendet. Die Eltern müssen dazu ihr Einkommen im Bewilligungszeitraum schätzen.

  • Vorteile: Das geht auch rückwirkend, wenn der Antrag noch im laufenden Zeitraum eingeht. Ein Unterhaltsverfahren kann vermieden werden, wenn die Eltern den neu berechneten, geringeren Betrag leisten können und wollen.
     
  • Nachteile: Der Bescheid steht unter dem Vorbehalt der Rückforderung und eine Rückkehr zu den ursprünglichen Werten ist nicht möglich. Haben sich die Eltern verschätzt - was recht häufig vorkommt! - oder falsche Angaben gemacht, kann es daher bei der endgültigen Berechnung zu einer Rückforderung kommen. Diese müssen dann Auszubildenden im Normalfall selbst begleichen. Bei falschen Angaben der Eltern können außerdem Schadensersatzansprüche gegen die Eltern entstehen. Das gilt auch, wenn Einkommenssteigerungen nicht mitgeteilt werden.