Ausnahmeregelungen beim BAföG

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Für Studierende mit Behinderung oder chronischer Krankheit ist ein Studium mit mehr Zeitaufwand – und oft auch mit größeren finanziellen Schwierigkeiten – verbunden. Daher gibt es bei der Finanzierung mit BAföG Ausnahmeregelungen bezüglich

  1. der Einkommensregelung
  2. der Vermögensregelung
  3. der Dauer des Studiums
  4. des Überschreitens der Altersgrenze und
  5. eines eventuell nötigen Fachrichtungswechsels

Bedarf: keine Erhöhung im BAföG selbst

Eine Behinderung ist im BAföG beim Bedarf nicht berücksichtigt. So können keine zusätzlichen Mittel für teurere Lehrmittel bewilligt werden. Ggf. können jedoch Leistungen nach anderen Gesetzen in Anspruch genommen werden, die dann beim BAföG nicht in Abzug gebracht werden, z.B.:

  • Eingliederungshilfe (z. B. Blindenliteratur, Vorlesekraft) nach § 54 SGB XII
  • ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt oder kostenaufwändige Ernährung § 30 Abs. 4, 5 SGB XII

Zuständig sind hierfür die Behörden, die das SGB XII vollziehen.

1. Einkommen

Auf Antrag kann bei der Ermittlung des anrechenbaren Einkommens eine Behinderung der Eltern und des Ehegatten berücksichtigt werden, durch Gewährung eines Härtefreibetrags (§ 25 Abs. 6 BAföG), der regelmäßig den Pauschalen entspricht, die auch im Steuerrecht gewährt werden („außergewöhnliche Belastungen“ nach §§ 33 bis 33b EStG).

Sind die Eltern oder der Ehegatte zur Unterhaltsleistung an eine behinderte Person verpflichtet, kann ebenfalls ein Härtefreibetrag gewährt werden (§ 25 Abs. 6 BAföG).

Beim Auszubildenden selbst kann die steuerliche Pauschale bei der Rückzahlung des Darlehensanteils berücksichtigt werden (§ 18a Abs. 1 S. 6 BAföG). Für die Rückzahlung des Darlehens ist das Bundesverwaltungsamt zuständig, bei dem dann der Antrag zu stellen ist.

2. Vermögen

In Ausnahmefällen kann auf Antrag ein Härtefreibetrag bei der Vermögensanrechnung bewilligt werden (§ 29 Abs. 3 BAföG):

Eine Härte im Sinne dieser Vorschrift liegt insbesondere vor, (…)

b) soweit das Vermögen zur Milderung der Folgen einer körperlichen oder seelischen Behinderung bestimmt ist oder nach einem erlittenen Personenschaden der Deckung der voraussichtlichen schädigungsbedingten Aufwendungen für die Zukunft dienen soll,

c) solange das Vermögen nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung  eines Hausgrundstücks im Sinne des § 88 Abs. 2 Nr. 7 des Bundessozialhilfegesetzes bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken Behinderter oder Pflegebedürftiger dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde.

3. Dauer des Studiums

Eine Behinderung kann hinsichtlich der Förderungsdauer an zwei Stellen Berücksichtigung finden:

  • Zum einen kann eine spätere Vorlage des Leistungsnachweises zugelassen werden. Normalerweise muss der Auszubildende zum Beginn des 5. Semesters nachweisen, dass er die üblichen Studienleistungen bis dahin erbracht hat. (Das bestätigt die Hochschule. Sie geht dabei vom Durchschnittsstudierenden aus und kann die Behinderung nicht selbst berücksichtigen.) Liegen Gründe vor, die eine Überschreitung der Förderungshöchstdauer voraussichtlich rechtfertigen werden (s. sogleich), kann eine spätere Vorlage des Leistungsnachweises vom Amt für Ausbildungsförderung zugelassen werden (§ 48 Abs. 2 i. V. m. § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG).

  • Zum anderen kann eben eine Förderung über die Förderungshöchstdauer gewährt werden (§ 15 Abs. 3. Nr. 5 BAföG), wenn diese “infolge einer Behinderung“ überschritten wird. Bei dieser Überschreitung wird die Förderung sogar als Vollzuschuss gewährt! (Nicht nur 50/50 Zuschuss Darlehen, wie bei der normalen Förderung bis zum Erreichen der Förderungshöchstdauer.)

Außerdem können alle Studierenden unter bestimmten Voraussetzungen auch nach Ablauf der Förderungshöchstdauer "Hilfe zum Studienabschluss" erhalten, wenn sie zur Abschlussprüfung zugelassen werden (allerdings nur als Darlehen). Gegebenenfalls kann auch dies zu einem erfolgreichen Abschluss des Studiums beitragen.

4. Überschreiten der Altersgrenze

Eine Behinderung kann ein Grund dafür sein, dass die Förderung auch dann gewährt wird, wenn sie erst nach Überschreiten der Altersgrenze (30 Jahre) begonnen wird, § 10 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 BAföG. Die Behinderung muss allerdings ursächlich für die späte Aufnahme der Ausbildung sein.

5. Fachrichtungswechsel

Eine im Laufe der Ausbildung eintretende Behinderung, z. B. als Folge eines Unfalls, kann u. U. ein „unabweisbarer Grund“ im Sinne von § 7 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BAföG für einen Fachrichtungswechsel sein. Ein unabweisbarer Grund kann – im Gegensatz zu einem nur „wichtigen Grund“ – in jedem Semester geltend gemacht werden. Die Förderung für das andere Studium zu dem gewechselt wird, wird dann normal als halbes Darlehen gefördert (bei einem bloß wichtigen Grund erfolgt die Förderung für die „verlorenen“ Semester nur noch als Darlehen).

Vor Fachrichtungswechseln sollte immer eine Rücksprache mit dem Amt für Ausbildungsförderung erfolgen, da der Anspruch auf Förderung vollständig entfällt, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind.